Fischhaut schließt offene Wunden
Kabeljau – was bei den meisten Menschen eher Assoziationen über ein Mittagessen hervorruft, verändert derzeit in Form von Fischhaut Transplantaten die Möglichkeiten der Wundmedizin grundlegend. Die Applikation von Fischhaut markiert nun auch in unserer Praxis für Dermatologie von Dr. Sabine Anders in München den Beginn einer neuen Ära der Wundversorgung. Ihren Einsatzbereich findet die sogenannte Kerecis Intact Fish Skin Technology vor allem in der Behandlung von Wunden nach Operationen, aber auch von chronischen Problemwunden – wie dem diabetischen Fußulcus oder dem Ulcus cruris (offenes Bein) – sowie als innovative Alternative zur herkömmlichen Hauttransplantation nach Verbrennungen oder der Resektion von Hauttumoren.
Rekonstruktion nach Tumoroperationen
Speziell in der dermatologischen Tumorchirurgie zeigt Fischhaut ihr volles Potenzial. Nach der Entfernung von Basaliomen, Plattenepithelkarzinomen oder anderen Hauttumoren ermöglicht sie für unsere Patienten und Patientinnen eine schnelle, geordnete Wundheilung – oft ohne die Notwendigkeit aufwendiger plastischer Lappenverschlüsse oder langwieriger sekundärer Heilungsprozesse. Die biologische Matrix verbindet sich rasch mit dem Wundbett, reduziert Schmerzen und führt zu einer außergewöhnlich harmonischen Geweberegeneration. Dadurch entstehen kosmetisch sehr ansprechende Ergebnisse, die für viele Patientinnen und Patienten einen erheblichen Unterschied machen.
Überblick
Die komplexe Problematik hinter einem „offenen Bein“
Bei einem „offenen Bein“ handelt es sich um eine herkömmliche Verletzung. Vielmehr ist es das sichtbare Symptom eines komplexen pathophysiologischen Prozesses. Wer chronische Wunden behandelt, weiß: Nicht die Haut versagt, sondern der Organismus verliert durch das Zusammentreffen vieler Faktoren seine Fähigkeit zur Heilung. Dazu gehören:
- eine langjährige venöse Insuffizienz,
- arterielle Durchblutungsstörungen,
- diabetische Stoffwechselveränderungen mit Mikroangiopathien und Neuropathien,
- stille, unterschwellige Entzündungen (Silent inflammation)
- gestörte Mikrozirkulation,
- mangelnde zelluläre Energieproduktion (Mitochondriopathien) und häufig eine
- mikrobielle Fehlbesiedelung mit Biofilm.
Dieses Zusammenspiel hat eine gemeinsame Konsequenz:
Die Wunde verharrt in einer chronischen Entzündungsphase. Sie schafft den Übergang zur Proliferation nicht mehr, jene Phase, in der Zellen einwandern, Gefäße entstehen und Gewebe aufgebaut wird. Auch die spätere Remodellierung bleibt aus. Der Heilungsprozess ist blockiert – und die Wunde bleibt offen.
In der Funktionellen Medizin adressieren wir viele dieser Themen mit unterschiedlichen Anwendungen, von der IHHT-Therapie bis hin zur Großen Eigenbluttherapie oder zu Vitalstoff-Infusionen.
Bild: Medical Fish Skin © www.kerecis.com
Fischhaut – das Wundmaterial aus der Natur
Nicht zum ersten Mal liefert uns die Natur den entscheidenden Impuls für bahnbrechende Innovationen in der Medizin. Das „Fish Skin Tissue“ des isländischen Unternehmens Kerecis besteht aus der gereinigten, nahezu unveränderten Haut des atlantischen Kabeljaus. Entscheidend ist die außergewöhnlich schonende Verarbeitung:
Die mikrofeine Architektur des Gewebes bleibt vollständig erhalten, ebenso die Porenstruktur, das natürlich angeordnete Kollagen, die elastischen Fasern und die proteingetragene Matrix. Selbst die Omega-3-Fettsäuren, die für ihre entzündungsmodulierenden Eigenschaften bekannt sind, bleiben im Gewebe gebunden.
So entsteht ein biologisches Hautäquivalent, das dem menschlichen Bindegewebe erstaunlich nahekommt: eine naturgewachsene Struktur, die der Körper intuitiv annimmt.
Warum eignet sich Fischhaut zur Versorgung chronischer Wunden?
Die Antwort liegt in der Genialität der Natur. Anders als Transplantate aus menschlichem oder Schweinegewebe, die intensiv behandelt werden müssen, um Infektionsrisiken zu eliminieren, wird die Kabeljau-Haut nur minimal verarbeitet.
Die Vorteile der Fischhaut-Transplantation
Eine Fischhaut-Transplantation können wir zur Behandlung von Wunden, Verbrennungen und anderen komplexen akuten sowie chronischen Wunden einsetzen – darunter diabetische Ulzera, venöse Wunden, Traumaverletzungen und chirurgische Wunden. Tausende Patienten haben bereits von der Behandlung mit der High-Tech Fischhaut profitiert.
Der Erfolg dieser Behandlungsmethode beruht jedoch nicht allein auf der innovativen Technologie selbst, sondern vor allem auf der dermatologisch-chirurgischen Expertise und dem präzisen Verständnis der Wundheilungsphasen. Die Integration der Fischhaut-Transplantate in unser Behandlungsspektrum bedeutet für viele Patienten mit chronischen Wundheilungsstörungen eine völlig neue Perspektive – gerade dort, wo herkömmliche Therapien an ihre Grenzen stoßen.
Wenn Wunden wieder zu lebendem Gewebe erwachen
Die Wirkweise ist faszinierend: Wenn wir das Fischhaut-Transplantat auf eine Wunde auflegen, rekrutiert das Material die körpereigenen Zellen. Diese wandern in das beschädigte Gewebe ein und wandeln sich letztendlich in funktionales, lebendes Gewebe um. Die poröse Mikrostruktur der Fischhaut bietet ein perfektes Gerüst für Zellwachstum und Vaskularisierung – die Bildung neuer Blutgefäße, die für eine dauerhafte Heilung unerlässlich sind.
Das patentierte Kerecis-Material enthält dabei nicht nur die strukturelle Matrix, sondern auch natürliche Hautelemente wie Fett, Proteine, Elastin und Glykane. Diese chemische Komplexität unterstützt die Zellmigration und fördert die Bildung von Granulationsgewebe. Gleichzeitig zeigen die Omega-3-Fettsäuren ihre entzündungshemmende Wirkung, regulieren das Zytokin-Signaling und können sogar das Risiko bakterieller Besiedlung verringern.
Einsatzbereiche der Fischhaut-Transplantation



Bilder: Fish Skin for Wound Healing © www.kerecis.com
Die Anwendung in der Praxis
Die innovative Behandlung mit Kerecis Fish Skin Tissue ist für gesetzlich Versicherte eine reine Selbstzahlerleistung. Private Krankenkassen übernehmen die Kosten im Regelfall. Wir führen ein Fischhaut-Transplantat ambulant in unserer Praxis durch. Der Ablauf ist präzise und schonend:
Fischhaut-Transplantation– Behandlungsverlauf und Ergebnisse
Die meisten unserer Patienten benötigen nur eine einzige Anwendung des Fischhaut-Transplantats. In seltenen Fällen bei besonders großen oder komplexen Wunden kann eine zweite Applikation sinnvoll sein. Die Heilungszeit variiert je nach Wundgröße und individueller Gesamtsituation, liegt jedoch in der Regel deutlich unter der konventioneller Behandlungsmethoden.
Was uns als Dermatologinnen und Chirurginnen in der Praxix von Dr. Sabine Anders in München besonders beeindruckt: Die Qualität des neu gebildeten Gewebes ist außergewöhnlich. Die Haut regeneriert nicht nur funktional, sondern auch mit guter kosmetischer Qualität. Narbenbildung wird minimiert, und die Hautstruktur kommt dem ursprünglichen Zustand oft bemerkenswert nahe.
Neue Hoffnung für unser Patienten
Die Integration dieser Technologie in unser Behandlungsspektrum fügt sich perfekt in unsere ganzheitliche Philosophie ein. So wie wir bei der Funktionellen Medizin, der IHHT-Therapie oder der Großen Ozon-Eigenbluttherapie auf die Zusammenarbeit mit den natürlichen Heilungskräften des Körpers setzen, nutzen wir auch hier ein biologisches Material, das dem Körper hilft, sich selbst zu regenerieren. Wir bieten dem Organismus damit ein natürliches Gerüst, auf dem er aufbauen kann.
Für unsere Patientinnen und Patienten bedeutet dies konkret:
- schnellere Heilung,
- weniger Schmerzen,
- reduziertes Infektionsrisiko und
- bessere kosmetische Ergebnisse.
Bei chronischen Wunden, die Lebensqualität oft jahrelang massiv beeinträchtigen, kann diese Methode den entscheidenden Unterschied machen zwischen anhaltenden Beschwerden und vollständiger Heilung. Bei chirurgischen Eingriffen ermöglicht sie uns, noch präziser und mit noch besseren ästhetischen Resultaten zu arbeiten.
Modernste Medizin für Ihre Gesundheit
Die Einführung der Kerecis Fish Skin Tissue in unserer Praxis sehen wir als logischen nächsten Schritt auf unserem Weg, Ihnen stets die fortschrittlichsten und gleichzeitig natürlichsten Behandlungsmethoden anzubieten. Es ist diese Kombination – modernste wissenschaftliche Erkenntnisse gepaart mit dem tiefen Respekt vor den Heilungskräften der Natur –, die uns antreibt und die unsere medizinische Arbeit prägt. Sprechen Sie uns gerne an, wenn Sie mehr über diese faszinierende Methode erfahren möchten oder wenn Sie denken, dass Fischhaut-Transplantate für Ihre individuelle Situation eine Option sein könnten. Wir beraten Sie ausführlich und finden gemeinsam den besten Weg für Ihre Gesundheit.
FAQ
Wissenschaftliche Quellen
- ODINN-Studie (2024) – Diabetische Fußulzera: Die größte randomisierte kontrollierte Studie bei komplexen diabetischen Fußulzera mit 255 Patienten an 15 Zentren in vier Ländern.
- Daidone C, Salim N, Smith L, Raza A. The Role of Fish Skin Xenografts in Healing Complex Wounds: A Brief Case Report. Cureus. 2024 Mar 14;16(3):e56156. doi: 10.7759/cureus.56156. PMID: 38618405; PMCID: PMC11015860.
- Lee SY, Won JH, Park JH. „The Utility of Novel Fish-Skin Derived Acellular Dermal Matrix (Kerecis) as a Wound Dressing Material.“ Journal of Wound Management and Research. 2021; 17(1): 39-47.







